CREDITS
KOMOCO / Sofia Nappi
PUPO
KÜNSTLERISCHE LEITUNG & CHOREOGRAFIE
Sofia Nappi in Zusammenarbeit mit Tänzer*innen
TÄNZER*INNEN
Arthur Bouilliol, Leonardo de Santis, Gregorio Dragoni, Glenda Gheller, India Guanzini Paolo Piancastelli, Julie Vivès
KOSTÜME
Judith Adam
CHOREOGRAFISCHE ASSISTENZ
Adriano Popolo Rubbio
LICHT
Alessandro Caso
SOUND DESIGN
Ed Mars & Sofia Nappi
TOUR Management
ecotopia dance productions
FOTOS
Jeanette Bak, Thomas Schermer
PUPO entstand in Zusammenarbeit von
Burghof Lörrach (D), Danse Danse Montréal (CA), ecotopia dance productions (D), Escher Theater (L), KOMOCO / Sofia Nappi (I), MART Foundation (US), ROXY Ulm (D), Sosta Palmizi (I), Tanz Köln (D), Theater Winterthur (CH), Tollhaus Karlsruhe (D)
WEITERE INFOS:
https://www.ecotopiadance.com/42/index.htm
Die junge italienische Choreografin und Tänzerin Sofia Nappi zeigt in Kempten ihr neues Stück »Pupo«. Inspiriert von der Figur des Pinocchio steht das Thema der Metamorphose der geschnitzten hölzernen Puppe im Zentrum: Wie geschieht diese langsame Verwandlung von einem Zustand in den anderen? In Bildern, angelehnt an die »Commedia dell’arte«, fragt sich Nappi, ob das Märchen über bestrafte Lügen nicht in Wirklichkeit eine Geschichte für Erwachsene ist. Denn, bei allem Humor, hat die Erzählung eine dunkle, melancholische Seite. Gibt nicht die hölzerne Puppe, um menschlich zu werden, ihr Selbst völlig auf, verliert ihre Impulsivität, indem sie fortwährend gezwungen wird, aus Strafen zu lernen? Wird Pinocchio nicht von der Gesellschaft geformt und verliert dabei seine Unschuld, seinen ursprünglichen, vielleicht »hölzernen«, aber rebellischen Willen? Mit jeder seiner Begegnungen, mit jedem neuen Abenteuer wiederholen sich die vier Stationen Versuchung — Schuld — Strafe — Rettung: Auf diese Weise passt sich die Puppe der Moral der menschlichen Gesellschaft an. Vielleicht ist aber das Menschsein gar nicht so erstrebenswert …
Mit Unterstützung von Istituto Italiano di Cultura di Colonia, MiC-Direzione Generale Spettacolo, im Rahmen des NID Platform international residencies programme.
Tanzperformance
PUPO
KOMOCO - Sofia Nappi (D/Italien)
PUPO
„Pupo“ bezeichnet im Italienischen gleichzeitig das Kind und die Puppe: Sofia Nappis neues Stück ist von Pinocchio inspiriert, der hölzernen Puppe, die so gerne ein echter Junge wäre. Im Zentrum steht die Metamorphose der Marionette: Wie geschieht diese langsame Verwandlung von einem Zustand in den anderen? Wie wird das naive Kind erwachsen und lässt sich nicht mehr von anderen manipulieren? Carlo Collodis weltberühmtes Kinderbuch inspirierte die junge italienische Choreografin zu einer modernen Coming-of-Age-Geschichte, durch die in Assoziationen auch die märchenhaften Figuren wie Fuchs und Kater, die sprechende Grille oder die blaue Fee geistern.
Sofia Nappis Tanzsprache verbindet das wilde, lockere Fließen des israelischen Tanzes, wie man es aus Ohad Naharins Gaga-Sprache und von Hofesh Shechter kennt, mit Elementen des Breakdance wie Locking oder Popping, wenn es um die ruckartigen Bewegungen der Marionette geht. Mit minimalen Gesten und aufblitzenden Leitmotiven, eingebettet in die vielfach gespiegelte, unbändige Bewegungslust eines jungen Menschen, erzählt die Choreografin die Geschichte des Erwachsenwerdens: wie das unschuldige, neugierige Kind in der Welt erwacht, wie es Menschen trifft und mit ihnen spielt, seine Grenzen austestet. Wie der Jugendliche ersten Versuchungen wie der Gier begegnet, wie er leichtgläubig getäuscht wird, sich mit sich selbst auseinandersetzt und schließlich die Güte kennenlernt, die Kraft des Vergebens. Nach all den Prüfungen und Lektionen verdient ein herangewachsener Pinocchio das Recht, ein echter Junge zu werden, durch Leitfiguren hat er Menschlichkeit erfahren und durch eigene Erkenntnis zu sich selbst gefunden.
Die stark rhythmische Musikcollage, zu der Pinocchio tanzt, reicht vom folkloristischen Ton einer Gitarre bis zu getragenen, mystischen Klängen, am Ende schwingt zu einem zarten Chopin-Nocturne die Melancholie der Erinnerung mit. Nappi erzählt nicht pantomimisch, sondern integriert minimalistische Bilder in ihren Tanz – das verrückte Zucken einer Marionette oder das Strippenziehen und Manipulieren, das blitzartige Wachsen einer langen Nase, verführerische Tangoschritte oder Tierbewegungen. Weiße Gesichtsmasken, die geheimnisvoll auf den Gesichtern auftauchen und wieder verschwinden, spielen auf die Stereotypen und die Gesellschaftskritik der alten italienischen Commedia dell’arte an. Eine starke, atmosphärische Lichtregie setzt den zentralen Helden und all die Einflüsse auf ihn in Szene.
„Pupo“ entstand für Erwachsene, wird aber Menschen jeden Alters zu schauen und zu denken geben. Die Choreografin versteht die Erzählung von der verwandelten Holzpuppe als den lebenslangen Versuch, die beste Version von sich selbst zu werden. Nie sollen wir dabei das Kind in uns selbst vergessen, die impulsive, verspielte Holzpuppe, die wir einmal waren, die ausgelassene und unbändige Lust der Kinder, zu tanzen. „Das Holz, aus dem Pinocchio geschnitten ist, ist die Humanitas, das Menschsein“ – so sagte der italienische Philosoph Benedetto Croce über die ikonische Figur der kleinen Holzpuppe, die so gerne ein Junge sein möchte.
Sofia Nappi
Die internationale Choreografin und Tänzerin aus Italien absolvierte die Ailey School in New York und vertiefte ihre Studien international. Der enge Kontakt mit der Hofesh Shechter Dance Company und ihre Studien in der Gaga-Sprache von Ohad Naharin spielten eine grundlegende Rolle in ihrer Ausbildung.
Sofia Nappi ist künstlerische Leiterin und Mitbegründerin ihres Projekts KOMOCO, bei dem sie von dem zeitgenössischen Tanzkollektiv Sosta Palmizi in Cortona und ihren ersten Musen Adriano Popolo Rubbio und Paolo Piancastelli unterstützt wurde. Mit ihren ersten Stücken für KOMOCO 2021 gewann Nappi auf Anhieb den Partner Introdans Award beim Rotterdam International Duet Choreography Competition 2021, sowie den Ersten Preis, den Kritikerpreis und den Produktionspreis der Tanja-Liedtke-Stiftung beim 35. Internationalen Wettbewerb für Choreographie Hannover 2021. KOMOCO gastierte in Deutschland, Österreich, den USA, Italien, den Niederlanden, Israel, Frankreich, Albanien, Spanien, den Kanarischen Inseln, Mexiko, dem Kosovo, Belgien und Ungarn bei zahlreichen italienischen und internationalen Festivals und Tanzplattformen, darunter die Biennale von Venedig, das Albania Meeting Dance Festival, das RomaEuropa Festival, MASDANZA, das Colors International Dance Festival in Stuttgart und das Teatro del Canal Madrid.
Auch als freie Choreografin geht Sofia ihren Weg mit internationalen Ballett- und Tanzkompanien weiter: Im Dezember 2021 inszenierte sie ihr Stück "Holelah", das für die Biennale Venedig 2019 kreiert wurde, mit dem Ballett des Nationaltheaters Mannheim. In diesem Jahr hat sie "Tagadà" für das Staatsballett Hannover und "Moving Cloud" für das Scottish Dance Theater im Rahmen des Abends "Celtic Connections" uraufgeführt, außerdem wird Nappi eine Kreation mit der niederländischen Kompanie Introdans uraufführen. Für 2024 hat das Nederlands Dans Theater ein neues Werk bei ihr in Auftrag gegeben. Gleichzeitig arbeitet Sofia Nappi auf internationaler Ebene in der Forschung und professionellen Ausbildung, zum Beispiel an der Tisch School of the Arts der New York University, am Micadanses Dance Research Center im Le Carreau du Temple in Paris, am Henny Jurriëns Studio in Amsterdam, bei Elephant in the Black Box und bei Danza180 in Madrid, am Tanzpunkt Hannover, an der D.A.F. Dance Arts Faculty in Rom, beim Balletto di Toscana oder beim Opus Ballet in Florenz, immer in enger Zusammenarbeit mit den Tänzern ihrer Kompanie KOMOCO.